StGIS Public Value Studie

Zusammenfassung: Die St. Gilgen International School (StGIS) in Österreich ist eine der exklusivsten Bildungseinrichtungen der Welt. 14 Jahre nach ihrer Gründung und interessiert an ihrer weiteren Entwicklung möchte die Schule herausfinden, was sie für ihre Umgebung wertvoll macht. Zu diesem Zweck wird in dieser Arbeit erstmals der Public Value einer Privatschule sowie einer österreichischen Organisation wissenschaftlich ermittelt. Die Ergebnisse der Studie zeigen, dass StGIS für die Region wertvoll ist, weil es Chancen für alle Beteiligten schafft. Darüber hinaus werden Empfehlungen für das Management der Schule gegeben, um den gesellschaftlichen Beitrag von StGIS in der Zukunft, die Public-Value-Diskussion in Österreich und einen ganzheitlichen Managementansatz im Allgemeinen zu fördern.

Dem Bildungssektor kommt bei der Bewältigung gesellschaftlicher Herausforderungen wie der Digitalisierung oder dem Klimawandel eine Schlüsselrolle zu. Aber auch sie verändert sich, insbesondere aufgrund der fortschreitenden Privatisierung. Da das Einkommen und der akademische Hintergrund der Eltern darüber entscheiden, ob ein Kind eine Privatschule besuchen kann oder nicht, wird seit langem intensiv darüber diskutiert, ob die Privatisierung der Bildung die Chancengleichheit in der Gesellschaft gefährdet. Gleichzeitig müssen sich Privatschulen ihre Betriebserlaubnis verdienen, indem sie nachweisen, dass sie einen Beitrag zu den gesellschaftlichen Bedürfnissen leisten. Mit dieser Studie hat sich das StGIS dieser Herausforderung gestellt. Die Forschungsfrage lautet daher wie folgt: Was macht StGIS für die Region wertvoll?

Um diese Frage zu beantworten, greift das vorliegende Papier den Public-Value-Ansatz von Prof. Dr. Timo Meynhardt auf. Public Value wird gemeinhin als der Beitrag einer Organisation zum Gemeinwohl definiert, wobei Meynhardt eine Methodik zur systematischen Messung dieser Beiträge entlang von vier Dimensionen entwickelte, nämlich moralisch-ethische, politisch-soziale, utilitaristisch-instrumentelle und hedonistisch-ästhetische Werte. Mit der Anwendung dieser Methode auf eine Organisation steht die Arbeit in der Tradition vieler so genannter Public-Value-Studien, zum Beispiel über die Fußballvereine FC Bayern München und RB Leipzig oder die Handelskammer Hamburg. Gleichzeitig ist sie die erste ihrer Art, die den Public Value einer österreichischen Organisation und einer privaten Bildungseinrichtung untersucht.

Die wissenschaftliche Methodik basiert auf der Idee, die Wahrnehmung der Gesellschaft in Bezug auf eine Organisation wie StGIS zu erfassen. Dazu wurden 30 Experten aus den sechs Stakeholder-Gruppen der Schule (Nachbarn und Vereine, Medien, Politik, andere lokale Schulen, interne Stakeholder und regionale Unternehmen) befragt. Die Erhebung basiert auf den wissenschaftlichen Methoden des WertwissensGuide©, der Public Value Scorecard und des GemeinwohlAtlas, die dazu dienen, die öffentlichen Werte von Organisationen zu verbalisieren, zu visualisieren, zu quantifizieren und zu vergleichen.

Die Ergebnisse dieser Studie zeigen, dass das StGIS von den Menschen in der Region um den Wolfgangsee nicht nur nach seinem Bildungsangebot beurteilt wird, sondern vielmehr nach fünf Rollen. Er muss ein guter Bürger, ein guter Mitarbeiter, ein guter Botschafter, ein guter Lehrer und ein guter Unternehmer sein. Das Ausmaß, in dem die Schule die mit den Rollen verbundenen Erwartungen erfüllt, beeinflusst entscheidend ihre gesellschaftliche Wahrnehmung. Da die Schule in allen untersuchten Dimensionen Vorteile bietet, ist sie für die Region wertvoll, da sie Chancen für alle Interessengruppen schafft. Mit dieser sozialen Funktion trägt sie wesentlich zum Gemeinwohl bei und kann sich gesellschaftlich legitimieren.

Ihr gesellschaftlicher Beitrag ist stark in der Rolle des Mitarbeiters und des guten Botschafters, weil sie die Region nachhaltig belebt und repräsentiert. Die Schule hat ein Entwicklungspotenzial in ihrer Rolle als Bürger, in der sie symbolisch noch nicht „erwachsen“ geworden ist. Dies liegt vor allem an der bestehenden Sprachbarriere zwischen dem Dorf und der Schulgemeinschaft, der mangelnden Integration der Schule in das gesellschaftliche Leben und der teilweisen Missachtung regionaler Umgangsformen wie der Begrüßung.

Da der Handlungsbedarf und die Risiken für die Schule vor allem für die Rolle des Bürgers und den Beitrag zum regionalen Zusammenhalt identifiziert wurden, wurden vier Empfehlungen für das Leitungsteam der Schule und die gesamte Schulgemeinschaft abgeleitet.

Erstens wird der Schule geraten, sich stärker in das soziale Leben der Region zu integrieren. Sie sollte stärker bei Veranstaltungen präsent sein, ihre eigenen Angebote der Bevölkerung zugänglich machen und sich häufiger am lokalen Vereinsleben beteiligen. Außerdem sollte sie mit der Bevölkerung in deutscher Sprache kommunizieren. Informationen über den Schulalltag und aktuelle Schulthemen in der Landessprache würden dem Bedürfnis vieler Menschen nach mehr Transparenz des StGIS entgegenkommen. Darüber hinaus sollte die Schule eine Begegnungsstätte in der Region schaffen, um den Austausch mit der Bevölkerung zu fördern. Konkret wird vorgeschlagen, im Dorfzentrum von St. Gilgen einen offen zugänglichen Raum zu schaffen, in dem Gemeinschaftsveranstaltungen stattfinden und persönliche Beziehungen zwischen Dorf- und Schulangehörigen aufgebaut werden können. Schließlich sollte das StGIS eine Institution für das Gemeinwohl in der Region werden. Die Ergebnisse der Studie sollen nicht nur für eine stärker gemeinwesenorientierte Schulentwicklung genutzt werden, sondern auch andere Organisationen in der Region ermutigen, sich mit dem Thema zu beschäftigen und ihren gesellschaftlichen Beitrag zu hinterfragen.

Diese Erwartungen gehen über das Kerngeschäft von StGIS hinaus. Als Schule muss sie jedoch ein Ort des sozialen Austauschs sein, Orientierung bieten und durch die Vermittlung entsprechender Kompetenzen zur Lösung kollektiver Herausforderungen beitragen. Auch im Hinblick auf ihre Exklusivität und ihren eigenen Anspruch sind die vier Empfehlungen legitim.

Es ist nun Aufgabe des Leitungsteams der Schule, die Empfehlungen umzusetzen und den öffentlichen Wert der Schule weiter auszubauen. Sie können diese Studie als wissenschaftlichen Beweis dafür betrachten, dass ihre Bemühungen und Werte von den Menschen in der Region geschätzt werden, aber auch ständig weiterentwickelt werden sollten. Eine erfolgreiche Entwicklung der Schule zum Wohle der Region kann vor allem durch eine verstärkte Zusammenarbeit mit den örtlichen Betrieben, Schulen und Vereinen sowie der Gemeinde St. Gilgen gelingen. Eine solche Zusammenarbeit ist für alle Beteiligten wünschenswert, da die Schule entsprechend ihrem öffentlichen Wert eine Vielzahl von Möglichkeiten bieten kann.

Damit will die Studie einen Beitrag zur gemeinwohlorientierten Schulentwicklung leisten und die Diskussion um Gemeinwohl und Public Value in Österreich stärken.

Über die Autoren

Prof. Dr. Timo Meynhardt ist Inhaber des Dr. Arend Oetker-Lehrstuhls für Wirtschaftspsychologie und Leadership an der HHL Leipzig Graduate School of Management (HHL) und Leiter des Center for Leadership and Values in Society an der Universität St. Gallen. Zu seinen Forschungsinteressen gehören Public Value, Führung für das Gemeinwohl und Kompetenzmanagement. Meynhardt ist Herausgeber des GemeinwohlAtlas in Deutschland und der Schweiz, Mitglied des Entwicklungsteams des Leipziger Leadership-Modells und Initiator des Public Value Award für Start-ups.

Tino Jung studiert Management (M.Sc.) an der HHL, wo er im Herbst 2022 seinen Abschluss machen wird. Vor seinem Master-Studium absolvierte er ein duales Bachelor-Studium bei einem weltweit führenden Chemieunternehmen. Er hat bereits Arbeits- und Studienerfahrung in Österreich, Costa Rica, Frankreich, Deutschland und Spanien gesammelt. Er hat diese Studie über die St. Gilgen International School zwischen Januar und September 2022 durchgeführt.

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